EU bewegt sich: Geoblocking aufgeweicht

Geoblocking aufgeweicht

Die EU bewegt sich also doch. Unter einem unscheinbaren und langen Namen hat das Parlament nach langen Diskussionen für eine Lockerung des Geoblockings gestimmt: Verordnung des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten im Binnenmarkt. Kurz zusammengefasst: Zuschauer können nun besser grenzüberschreitend Fernsehen schauen und Streamingdienste nutzen.

Was ist Geoblocking?

Dieses Angebot steht Ihnen nur In Deutschland, Österreich und der Schweiz zur Verfügung.“ So oder so ähnlich kennzeichnen Fernsehsender ihre Ausstrahlung im Internet, wenn sie nur für bestimmte Länder die Rechte besitzen. Für Menschen im Ausland kommt es daher zu Problemen: Möchten diese beispielsweise ihre Lieblingssendung im Internet-Stream sehen, ist das je nach Status der Lizenzrechte nicht möglich. Ihr Bildschirm bleibt buchstäblich schwarz. Das gilt für Fernsehsendungen und für Filme auf Streaming-Portalen. Besonders exemplarisch sind Rechte für Fußballspiele, die in fast jedem Land andere Rechtenehmer haben.

Geoblocking betrifft Urlauber, Geschäftsreisen und Personen, die sich länger im Ausland aufhalten. Möchten Sie sich von dort auf der deutschen Internetseite des Senders ein Streaming-Angebot ansehen, wird anhand der IP-Adresse geprüft, wo sich der Zuschauer aufhält. Die IP-Adresse ist die lokale Rechner-Kennung im Einwahlnetz und gibt Aufschluss über den Standort und damit über das Land. Besitzt ein Sender keine Lizenz für das Ausland, wird der Zuschauer geblockt. Daher heißt dieser Vorgang Geoblocking.

Was ändert sich durch das Aufweichen des Geoblockings?

Das Parlament hat nun ein Aufweichen der bisher strikten Geoblocking-Regeln beschlossen. Zukünftig soll es Nutzern erlaubt sein, auf ihre heimatlichen Streaming-Angebote auch dann zurückzugreifen, wenn sie sich vorübergehend in einem Mitgliedsland der EU aufhalten. Allerdings ist die Verordnung sehr unkonkret, sodass eine klare Regelung zur Dauer und Art des Aufenthaltes fehlt. Offen ist beispielsweise, ob auch Langzeiturlauber oder Studierende im Ausland von der Lockerung profitieren. Diese zeitliche Beschränkung wird im Detail jedoch sehr wichtig für die Umsetzung sein.

Ohnehin bleiben die Politiker mit der Verordnung weit hinter den Möglichkeiten zurück. Kritiker bemängeln beispielsweise, dass Geoblocking überhaupt weiterhin erlaubt ist, obwohl innerhalb der EU freier Zugang zu allen Angeboten bestehen sollte. Das wissen bisher die Film- und Fernsehwirtschaft sowie die Rechteinhaber zu verhindern, deren Interesse in einem Einzelverkauf der Lizenzen an Anbieter in verschiedenen Ländern liegt. Die Kritiker sehen darin eine Begünstigung von illegalen Streaming-Angeboten.

Geoblocking lässt sich leicht umgehen

Geoblocking lässt sich zudem leicht umgehen. Ein klareres Votum der Parlamentarier wäre daher für die Praxis zweckmäßiger gewesen. Denn aktuell reicht es aus, sich über einen Proxyserver im Land des Senders in das Internet einzuwählen, um das Geoblocking wirksam zu umgehen. Entsprechende Einstellungen sind in allen Browsern – auch auf mobilen Geräten – möglich. Da bei der Verbindung nur die IP-Adresse kontrolliert wird, sind alle Proxyserver tauglich, die eine IP-Adresse des jeweiligen Landes nutzen. Wichtig ist jedoch, den Proxyanbieter klug zu wählen. Einige senden die eigene, tatsächliche IP-Adresse zusätzlich mit, andere sind sehr langsam, weitere sind ggf. kostenpflichtig.

Achtung: Das Umgehen von Geoblocking gilt bisher unter Experten als rechtlich unproblematisch. Jedoch gibt es keine Urteile, die das untermauern. Daher bleibt dieses Vorgehen eine ungeklärte Grauzone, die auch eine Abmahnung nicht ausschließt.